Thurgauer Zeitung

Kanton Thurgau, Schweiz

Montag,13. Januar 2003                                     KULTUR

Schmauchspuren von Abenteuern
 

Mark Staff Brandl inszeniert im Kunstraum Kreuzlingen Malerei, Zeichnung und spielerische Multiples zu einer eigenwillig-heiteren Reminiszenz an Comicwelten.

 

von Brigitte Elsner-Heller

Kreuzlingen - Ein Kunstraum, genauer: der Kunstraum Kreuzlingen, eine Vernissage - und im Raum befinden sich zahlreiche lächelnde Besucher. Sollte das etwa als positives Zeichen zu werten sein, wenn es um zeitgenössische Kunst geht? Jawohl, und das nicht nur deshalb, weil der Vernissagegast als frisch gebackener Kunstbesitzer die Räumlichkeiten wieder verlassen wird (davon später). Ein Zeichen ist das Lächeln auch dafür, dass hier einiges anders als sonst im Kunstbetrieb üblich präsentiert und dabei erfreulich lebendig wird. Wie um die These zu unterstreichen präsentiert Laudator Markus Landert, immerhin Direktor des Kunstmuseums des Kantons, unter seinem (sonst stets angemessenen) schwarzen Jackett ein bunt bedrucktes T-Shirt, mit dem er sein Bekenntnis zum Comic ablegt.

«Comic» ist der Schlüsselbegriff, geht es ums Verständnis dessen, was der Künstler Mark Staff Brandl zum Ausgangspunkt seiner Arbeiten und damit der aktuellen Installation im Kunstraum macht - im Wissen um kunstgeschichtliche Hintergründe, mit heiter-philosophischer Ausstrahlung und vielleicht auch dem pragmatischen Sinn fürs Machbare, der seinen amerikanischen Landsleuten bis heute nachgesagt wird.
Mark Staff Brandl, der 1955 in der Gegend von Chicago geboren wurde, ist seit 1988 überwiegend in der Schweiz ansässig, heute in Trogen AR. In Illinois studierte er Kunst, Kunstgeschichte und Literaturtheorie und ist zur Zeit Doktorand an der Universität Zürich. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen Ländern zwischen der Karibik und der Kartause Ittingen gezeigt und von namhaften Einrichtungen wie dem Museum of Modern Art in New York angekauft.
Im Kunstraum Kreuzlingen nun eine so genannte «Malerei-Installation», nach den gängigen Ordnungsschemata eine paradoxe Etikettierung. Und doch ist sie folgerichtig, denn Brandl geht es bei aller Heiterkeit im Umgang mit der Kunst ganz ernsthaft um die Zukunft der Malerei nach dem Ende der Malerei, die bereits vor 100 Jahren mit Malewitsch thematisiert war. Brandls Installation «Panels, Covers and Viewers» bezieht zwölf grossformatige Gemälde (Öl auf Leinwand) sowie 104 Zeichnungen (Tusche auf Papier) in eine Raumsituation ein, in der die Erzähltradition des Bildes über das Medium des Comics aufgegriffen wird.

Gezeichnete Tagebucheinträge

In beinahe direkter Übersetzung geschieht dies in den so genannten «Covers», die sich von den Titelseiten von Comic-Heften ableiten. Für Mark Staff Brandl sind diese Zeichnungen auf Papier eine Art Tagebucheintrag, in der sich ironische Gedankengänge überschlagen, Situationen nicht selten spritzig konterkariert werden (der Begriff «Comic» steht immerhin in Zusammenhang mit komischen Inhalten), und manches Mal auch «nur» skizzenhaft eine Bildordnung entworfen wird. Darunter zu finden ein Blatt, das «Joseph Bueys´ erstaunliche Holzklotz-Postkarte» (in der «Version Mark Staff Brandl») zur fiktiven Zielscheibe erklärt. Dass das Blatt mit dem Zusatz «Das Sprechen von Beuys wird überbewertet, die Post unterbewertet» als erstes mit einem roten Punkt versehen ist, mag heiter, aber auch nachdenklich stimmen.

«Baduum» und «Fwuuusch»

Gruppiert sind diese Cover-Blätter in wehender Folge zu beiden Seiten eines grossformatigen Gemäldes, das sich selbst als Werbung verkauft und mit der Erklärung, es handle sich um «Mark Brandl´s Meta-Pictures» (laufende Nummer eins) in den Vordergrund schiebt. Die Notation «More Fun Art» wird dabei durch ein stilisiertes Dollar-Zeichen und die harmlose Buchstabenfolge «ALOT» komplettiert.

Gegenüber eine Wandfläche, auf der Brandl das Comic-Prinzip in Kombination mit seinen Gemälden perfekt in Szene setzt. So sind insgesamt zehn Gemälde über direkt auf die Wand aufgebrachte schwarze Rahmenkonstrukte verbunden. Entlehnt ist das Prinzip der durch so genannte Panels zu Bildfolgen gebündelten Comics. Die Bilder selbst sind farbgewaltige Tafeln, die mit «Ba-duum», «Fffsss» oder «Fwuuusch» betitelt sind und nichts weniger als die überdimensional heraus präparierten Bewegungsspuren sausender und zischender Ereignisse sind. Der narrative Charakter der Vorlage wird zwar aufgegriffen, einer konkreten Beschreibung verweigert sich Brandl jedoch zu Guns-ten fantasievoller Assoziationen.
Fantasievoll heiter kommen auch seine «Viewers» daher, in denen es noch ein Mal ganz spielerisch das zu sehen gibt, was sich rundum abspielt. Die Viewers sind «Geräte zur individuellen Betrachtung von Diapositiven», daneben aber auch die Besucher der Ausstellung. Diese sind unterdessen klickend dabei, sich ein Kinderspielzeug aus Plastik vors Auge zu halten, das als Überraschung bald an alle Vernissage-Gäste verteilt ist. Als «Multiples», das heisst seriell gefertigte Kunstobjekte, referieren sie nochmals die «Bilder einer Ausstellung» und sind durchaus so etwas wie das I-Tüpfelchen der Installation, die Mark Staff Brandl für Kreuzlingen konzipiert hat.

 

Mark Staff Brandl im Kunstraum Kreuzlingen: Anlehnungen an Comics, die schmunzeln lassen.
Bild: Brigitte Elsner-Heller

 

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