TAGBLATT

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Samstag, 18. Januar 2003                                    Kultur

Fast eine Liebesgeschichte
Mark Staff Brandl im Kunstraum Kreuzlingen

von Ursula Badrutt-Schoch

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Wand-Comics
Mark Staff Brandl zeigt im
Kunstraum Kreuzlingen Arbeiten, die wandfüllend
comicmässige Geschichten erzählen.

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Wandfüllend: Mark Staff Brandl schlägt in Kreuzlingen seine Comic-Heft auf.

 

 

Eigentlich sollten Comics-Hefte unters Kopfkissen passen, denn am besten lesen sie sich doch im Bett - wenigstens war das so, als den Strips von Micky Mouse und Superman noch der Ruch literarischer Verderbnis anhaftete und sie bei erziehungsberechtigten Kontrollgängen verschwinden mussten. Im Minimum ein Hauch - eher mehr - von Underground haftet den Comics bis heute an.

Kopfkissenformat wäre also angebracht. Mark Staff Brandl aber hält sich nicht an Formaterwartungen und füllt Wände, ja den ganzen Kunstraum in Kreuzlingen mit der Ästhetik von Comics entlehnten Stories. Ein gigantisches Heft in Wandmalerei, eine Art Graffiticomics, gefüllt mit bunter Tafelmalerei - in Öl wohlbemerkt und gefirnisst - erzählt über die aufgeschlagenen Seiten hinweg eine Sequenz einer offenen Geschichte, vielleicht einer Liebesgeschichte. Zwei zeichenhafte Gebilde, ein Kegel und ein Kornet, zirren durch den Äther, es kommt zu emotionsgeladenen Annäherungen, zur Vereinigung. To be continued... der Ball liegt beim Betrachter. Und er kann ihn in verschiedene Richtungen weiterspielen. Mark Staff Brandl, der Künstler aus Chicago, der seit vielen Jahren mit seiner Makromalerei in der Ostschweiz präsent ist, hat für Kreuzlingen mit «Panels, Covers and Viewers» einen Gemischtwarenladen konzipiert. Seine Herkunft als Sohn eines Schildermalers, die Jugend in der Chicagoer Musikszene, seine Liebe zu Superman und Dada und John Cage, seine künstlerische Vergangenheit als Performer und Konzeptkünstler - für alles ist ein Platz gefunden. «Ich bin eben ein Bastard», lacht er. «Mich interessiert das Widersprüchliche, das Unperfekte. Fehler sind das beste, was du machen kannst.» Hochgenuss vom Feinsten bieten die «Covers», tagebuchartige Blätter, die anspielungsreich, humorvoll und selbstironisch die Kunst, ihre Geschichte und ihr Selbst- und Unverständnis aufs Korn nehmen. «Das Sprechen von Joseph Beuys wird überbewertet» ist eines der fiktiven Titelblätter. Und ergänzend dazu auf einem anderen: «Shut up and paint!» «Nur zu!», möchten wir dem Künstler zurufen.

Bis 23. Februar, Do-Fr 17-20, Sa 13-17, So 11-17. Am Sonntag 16. Februar, 11 Uhr, spricht Gerhard Mack mit dem Künstler.

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