APPENZELLER
MAGAZIN

Nr. 1 Januar 2003

Eine gemalte Annäherung

von Ursula Badrutt Schoch

Wolkige Linien rauschen dynamisch aus der linken unteren Ecke in leichter Diagonale ins Bild und umschweifen eine konisch zulaufende Form mit runder Öffnung. Die Farben sind kräftig und sorgfältig aufgemischt. Vor tiefem Himmelblau schwebt die brombeerige Kegelform. Sie sprengt den Bilderrahmen und scheint vom Umzirren des plastisch ausgearbeiteten, in satten Orangetönen strahlenden Schweifs innerlich berührt. Jedenfalls deuten die drei Striche am rechten Rand auf emotionales Schweisstreiben. Aus der Nähe sind es einfach schöne bunte Farben, mal deckend, mal lasierend aufgetragen, mit eigenartig ausgefransten Schlieren.

Mark Staff Brandl, geboren 1955 in Chicago, seit 1988 in der Ostschweiz und heute in Trogen lebend, greift gerne auf die Sprache der Comiczeichner zurück. Ihre Helden verehrt er seit früher Jugend. Sein Vater war Schrift- und Schildermaler, und gerne hat er ihm als Bub geholfen. Noch heute verrichtet er seine Malerei wie der Vater nicht an der Staffelei, sondern legt die Leinwände horizontal auf Böcken aus. Statt mit feinen Pinseln arbeitet er allerdings eher mit Spachtel und Rakel, verteilt die Farben flächig über die eigenhändig aufgespannten und präparierten Leinwände.

So oberflächlich bunt und allein auf Schnellwirkung ausgerichtet, wie der erste Blick es vermuten lässt, sind seine Arbeiten nicht. Mark Staff Brandl malt meist in Öl und arbeitet in raffinierter Absprengtechnik Schicht um Schicht aus der Tiefe in den Vordergrund. Mit einer leimartigen Masse deckt er untere Lagen in den gewünschten Formen ab und holt sie nach dem Übermalen der Leinwand durch Abrubbeln an die Oberfläche zurück. Die gegenstandlos wirkenden Sujets sind ausgesuchte Ausschnitte aus seinem Alltag, die er durch mehrfache Bearbeitung in verschiedenen Hightech-Medien verändert, um im finalen Akt zu malen.

Das Gemälde mit dem Konus und der Speedline ist eine Sequenz aus einem Strip, der von einer Affäre zwischen den beiden Formen erzählt. Das überdimensionierte Comic-Heft ist als Wandmalerei direkt auf die Mauer im Kunstraum Kreuzlingen gemalt und bildet den Rahmen für die Bildergeschichte; die einzelnen Gemälde in Schieflagen hängen darin wie die Panelen im aufgeblätterten Heft. "Fortsetzung folgt" steht am Schluss der Wandinstallation. Von Mark Staff Brandl darf noch einiges erwartet werden.

Swuuuschhhh!, 2002, Öl auf Leinen, 140 x 160 cm. Foto: Stefan Rohner

 

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