«Ich sammle Fehler»,
sagt Mark Staff Brandl. Rings um ihn lehnen mannsgrosse Bilder
an den Wänden. Die Farben leuchten wie Messer in den Raum.
Eine Etage tiefer war einmal der Kuhstall des alten Bauernhauses.
Wenn man den Tobel herunterfährt, schlägt der Hund
an, als gelte es wie seit eh und je Haus und Hof gegen Fremde
zu verteidigen. Mit dieser früheren Welt hat Mark Staff Brandls Malerei nichts gemeinsam. |
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Die zitternden, ausfransenden
Formen seiner Sujets entnimmt er elektronischen Bildmaschinen.
Was das Faxgerät, der Kopierer, der Bildschirm oder der
Computer Detektivisch «Ich arbeite wie ein Detektiv»,
sagt Brandl, der mit Instinkt sucht. Da treffen etwa vor einem
leuchtend blauen Grund die roten Linien eines Fingerabdrucks
von Piero Manzoni die Augen. Eine Reverenz an den italienischen
Künstler, der in den Fünfzigerjahren konzeptionelle
Bilder geschaffen hat. Die Auseinandersetzung mit Tradition ist
wichtig. Mark Staff Brandl wird vom Maler zum Kritiker, der für
renommierte Laute Bilder Malerei mit ihrer alten Geschichte
scheint Mark Staff Brandl dafür geeignet zu sein wie kaum
ein anderes Genre. Vielleicht auch, weil der Vater Schildermaler
war. Seine drei letzten Pinsel holt der Sohn hervor. Sie sind
fast so etwas wie ein Vermächtnis. Wenn Mark Staff Brandl
malt, hat er zwar andere Werkzeuge zur Hand, breite Pinsel, Spachtel,
Rakel zumeist, die er flach über die Fläche zieht.
Die aufgespannte Leinwand liegt dabei jedoch auf Tischen und
Böcken, wie die Schilder und Werbetafeln, die sein Vater
gemalt hat. Als ein Student sagte, seine Malerei sei eine Art
«Billboard Zen», hat ihm das gefallen. Laut und gross
wie die riesigen Werbetafeln in den USA sollen seine Bilder sein:
«Ich bin schliesslich in Chicago aufgewachsen, mit Rockmusik
und Blues, und meine Kunst ist eine schlechte Kombination aus
John Cage und den Beatles.» Malerei stand für Mark
Staff Brandl nicht immer so sehr im Zentrum. Zwar hat er sich
als Student an der Akademie in Chicago in der Malereiklasse eingeschrieben,
aber nur «weil das die offenste Klasse war». Das
Handwerk hat er dort nicht gelernt. Er ist lieber mit einem Sony
Portapack durch die Strassen gezogen und hat Videoaufnahmen gemacht
oder Performances und andere Kunstformen für sich erprobt.
Ein monumentales «Musterbuch» blättert eine
Vergangenheit auf, die der Farbenrausch der Bilder im Atelier
nicht erwarten lässt. Da wird das cartesianische System
ausprobiert, es finden sich polynesische Karten, Spuren von Metallpuder,
die mit dem Hammer aufs Papier geschlagen wurden und den Strukturen
der jüngsten Gemälde ähneln. Brandl machte Musik
mit den Startgeräuschen von Autos. Beeindruckt haben ihn
Bruce Nauman und Joseph Beuys. Mit dem deutschen Künstler
hatte er Kontakt. Die späten Minimalisten, die an der Akademie
in Chicago unterrichteten lehnte er dagegen ab. «Zu Chaos-Lust Als Mark Staff Brandl sich auf Malerei konzentrierte, waren seine Händler verärgert. Man etabliert nicht ein Label, um es gleich fallen zu lassen. Die vielen Kanäle des Frühwerks sind jedoch weiter offen. Es gibt Pläne für Videoinstallationen, Musik, Comic-Strips, Grafikserien und Leporellos, die sich wie Filme entfalten und neue Möglichkeiten für die Komposition von Bildern erschliessen. Der Fingerabdruck Piero Manzonis pulsiert in der Sommerhitze. Das Rot und Blau passen, wie die meisten anderen Farben bei Brandl, nicht so recht zusammen. Er wählt Nebenfarben und «blässt sie auf wie Steroide, bis sie so präsent sind wie Primärfarben». Er klebt die Formen ab und malt in zahllosen Farbschichten darüber. Wenn der Kleber entfernt wird, tut das Auge sich schwer, die Höhen zu unterscheiden. Was aufgemalt zu sein scheint, liegt in Wirklichkeit darunter. Das gibt der Bildfläche Tiefe und Bewegung. Die Farbe soll flackern wie das Sonnenlicht. «Vielleicht ist das so eine Hippiegeschichte, immerhin bin ich in den Sechziger- jahren aufgewachsen», sagt der Künstler. Oder der alte Traum, mit der Farbe das Licht einzufangen und Gegensätze zu verbinden. Gerhard Mack Aus dem Tagblatt vom 30.08.2000
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Seitenkolumne zu «Comics,
Cage und die Beatles» Kalkuliert sinnlich Daniel Ammann und Roman Schuenze
in: Critical Review, Aus dem Tagblatt vom 30.08.2000
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